Außenprüfungen sollen ab 2024 früher begonnen und früher abgeschlossen werden
Seit Ende 2022 steht das „Gesetz zur Umsetzung der DAC 7-Richtlinie“ im Bundesgesetzblatt. Durch viele Änderungen in der Abgabenordnung sollen Außenprüfungen ab 2024 beschleunigt werden. Aus Sicht von Experten sind die Neuregelungen zwar kein großer Wurf, aber Schritte in die richtige Richtung.
Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Außenprüfungen finden sich im „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts".
Hintergrund: Die mit dem Gesetz umgesetzte Richtlinie wird als DAC 7-Richtlinie bezeichnet. DAC steht für „Directive on Administrative Cooperation“, also für die europäische Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung.
Ziel ist es, dass Außenprüfungen künftig früher begonnen und früher abgeschlossen werden, damit schneller als bisher Rechtsfrieden und Rechtssicherheit eintreten kann. Während den Steuerpflichtigen insbesondere erweiterte Mitwirkungspflichten auferlegt werden, soweit sie sich nicht kooperativ verhalten, sollen die Finanzbehörden Prüfungsanordnungen zeitnäher bekanntgeben, Prüfungsschwerpunkte benennen sowie Zwischengespräche führen.
Tipp: Die wesentlichen Neuregelungen zur Beschleunigung der Außenprüfungen sind erstmals auf Steuern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen. Ein Großteil der Änderungen kommt somit erst ab 2025 zum Tragen, so dass die Außenprüfungen in der Regel nicht vor dem Jahr 2026 betroffen sein werden. Das ermöglicht es den Steuerpflichtigen und ihren Beratern, aber auch der Finanzverwaltung, sich ohne Hektik auf die Neuregelungen vorzubereiten.
Begrenzung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für außengeprüfte Unternehmen
Ein Eckpfeiler der Modernisierung des Steuerverfahrensrechts ist die zeitliche Begrenzung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist aufgrund einer Außenprüfung. Allerdings wird die Begrenzung durch zahlreiche Ausnahmen durchlöchert.
Hintergrund ist, dass die Festsetzungsfrist nach geltendem Recht bei sehr lang andauernden Außenprüfungen gefühlt unendlich läuft. Dies belastet die geprüften Unternehmen erheblich, müssen sie doch erweiterte Mitwirkungspflichten erfüllen und ihre Buchführungsunterlagen entsprechend lange aufbewahren. Außerdem sind Steuernachforderungen erst nach langer Zeit und zudem mit entsprechend hohen Nachzahlungszinsen zu entrichten.
Die Ablaufhemmung nach Paragraf 171 Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) endet künftig grundsätzlich spätestens fünf Jahre nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde. Durch diese Begrenzung des Zeitraums, der für die Durchführung einer Außenprüfung und die Auswertung der Prüfungsfeststellungen zur Verfügung steht, soll eine wesentliche Beschleunigung der Außenprüfung erreicht werden.
Tipp: Wurde auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, verlängern sich die fünf Jahre um die Dauer des Hinausschiebens beziehungsweise der Unterbrechung. Der Antrag des Steuerpflichtigen muss dabei für die Verschiebung oder die Unterbrechung maßgeblich sein.
Anders sieht es hingegen aus, wenn die Finanzbehörde die Verschiebung oder die Unterbrechung der Außenprüfung zu vertreten hat. Dann verlängern sich die fünf Jahre nicht.
Eine Besonderheit gilt, wenn die Finanzbehörde für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuern vor Ablauf der fünf Jahre zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch nimmt. Dann verlängert sich dieser Zeitraum um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr.
Tipp: Dies gilt allerdings nur, sofern der Steuerpflichtige vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe hingewiesen wurde.
Wurde dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der geprüften Steuern bekannt gegeben und infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, gilt die Fünfjahresfrist überhaupt nicht.
Ist Grundlage der Außenprüfung ein Steuerbescheid, soll künftig die Prüfungsanordnung bis zu dem Ablauf des Kalenderjahres erlassen werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist.
Es handelt sich allerdings nur um eine Soll-Regelung. Die Prüfungsanordnung kann also künftig noch zu einem späteren Zeitpunkt erlassen werden.
Tipp: Hat die Finanzbehörde die Verspätung zu vertreten, beginnt die Fünfjahresfrist allerdings zugunsten der Steuerpflichtigen bereits mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der maßgebliche Steuerbescheid wirksam geworden ist.
Im Regelfall erstreckt sich die Außenprüfung zugleich auf mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume. Dann ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des zuletzt ergangenen Steuerbescheids einheitlich maßgeblich.
Zu beachten ist, dass die Fünfjahresfrist bei der Ablaufhemmung bei einem qualifizierten Mitwirkungsverlangen verlängert oder außer Kraft gesetzt wird.
Zeitnahe Rechtssicherheit durch die Einführung eines bindenden Teilabschlusses
Neu eingeführt werden ein Teilabschlussbescheid, ein zuvor zu erlassender Teilprüfungsbericht und eine verbindliche Zusage nach Erlass eines Teilabschlussbescheids. So sollen die geprüften Steuerpflichtigen frühzeitig Rechtssicherheit über die steuerliche Behandlung abgrenzbarer und bereits abschließend geprüfter Sachverhalte erlangen können.
Tipp: Die Möglichkeit, Teilabschlussbescheide zu erlassen, ist für die Praxis von großer Bedeutung. Es handelt sich um eine erhebliche Verbesserung. Das Instrument soll allerdings auf besonders gelagerte Fälle beschränkt bleiben, weil anderenfalls die Prüfungsdienste der Finanzverwaltung lahmgelegt werden könnten.
Teilabschlussbescheide sind Grundlagenbescheide. Sie haben jeweils für den Steuer- oder Feststellungsbescheid unmittelbare Bindungswirkung, für den die im Teilabschlussbescheid getroffenen Feststellungen von Bedeutung sind.
Tipp: Die in einem Teilabschlussbescheid verbindlich getroffenen Entscheidungen können nur durch die Anfechtung des Teilabschlussbescheids selbst angegriffen werden.
Der Erlass eines Teilabschlussbescheids steht im Ermessen der Finanzämter. Stellt der Steuerpflichtige allerdings einen Antrag auf Erlass eines solchen Bescheids, soll ein Teilabschlussbescheid ergehen, wenn daran ein erhebliches Interesse besteht und dieses vom Steuerpflichtigen auch glaubhaft gemacht wird.
Vor Erlass eines Teilabschlussbescheids muss ein schriftlicher oder elektronischer Teilprüfungsbericht ergehen. Darin sind insbesondere die für die Besteuerung erheblichen Prüfungsfeststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie die Änderungen der Besteuerungsgrundlagen darzustellen.
Tipp: Der Teilprüfungsbericht ist dem Steuerpflichtigen auf dessen Antrag vor Erlass des Teilabschlussbescheids zu übersenden, um ihm Gelegenheit zu geben, binnen angemessener Frist Stellung zu nehmen. Der Teilprüfungsbericht ist allerdings nicht anfechtbar.
Von großer Relevanz für die Praxis ist auch die Möglichkeit einer verbindlichen Zusagen nach Erlass eines Teilabschlussbescheids. Die Finanzämter können demnach auf Antrag den geprüften Unternehmen bereits nach dem Erlass eines Teilabschlussbescheids verbindlich zusagen, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Teilabschlussbericht dargestellter abgrenzbarer Sachverhalt in der Zukunft steuerlich behandelt wird.
Tipp: Die Rechtssicherheit, die ein Teilabschlussbescheid für die steuerliche Behandlung des ihm zugrunde liegenden Sachverhalts für den Prüfungszeitraum ermöglicht, soll so auch mit Wirkung für die Zukunft erreicht werden können.
Einführung eines neuen Sanktionssystems
Um die Mitwirkung an einer Außenprüfung durchzusetzen enthält der neue § 200a AO ein ganzes Bündel aufeinander aufbauender Regelungen.
Danach kann die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen künftig schriftlich oder elektronisch zur qualifizierten Mitwirkung bei der Feststellung der steuerlich bedeutsamen Sachverhalte auffordern.
Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ist grundsätzlich innerhalb einer Frist von einem Monat nach der Bekanntgabe zu erfüllen.
Tipp: Diese Frist ist sehr knapp bemessen. In begründeten Einzelfällen kann sie aber verlängert werden. Zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen gibt es zudem eine Schonfrist. Ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen darf erst nach dem Ablauf von sechs Monaten seit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ergehen. Dabei ist es nicht von Bedeutung, wann die Außenprüfung tatsächlich begonnen wurde oder wann der Steuerpflichtige erstmals einfach zur Mitwirkung aufgefordert wurde.
Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt. Dieser bedarf nur dann einer vertieften Begründung, wenn das Finanzamt den Steuerpflichtigen nicht zuvor bei der Aufforderung zur einfachen Mitwirkung auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen hatte. Ist hingegen dieser vorherige Hinweis erfolgt und der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten dennoch nicht oder nicht hinreichend nachgekommen, reicht zur Begründung ein Hinweis auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen aus.
Eine wesentliche Verschärfung ist die Einführung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes als neues Druckmittel. Diese ist festzusetzen, wenn geprüfte Steuerpflichtige das qualifizierte Mitwirkungsverlangen nicht rechtzeitig, überhaupt nicht oder jedenfalls nicht hinreichend erfüllt.
Tipp: Es reicht allerdings aus, wenn das qualifizierte Mitwirkungsverlangen zumindest hinreichend erfüllt wird. Reichen die Unterlagen zur Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts aus, ist das Fehlen weiterer relevanter Unterlagen nicht schädlich.
Das Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt 75 Euro für jeden vollen Kalendertag der Verzögerung und ist höchstens für 150 Kalendertage festzusetzen. Die Festsetzung kann dabei in Teilbeträgen erfolgen.
Sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach steht die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgelds nicht im Ermessen der prüfenden Finanzbehörde.
Tipp: Kann der Steuerpflichtige allerdings glaubhaft machen, dass die Verzögerung entschuldbar ist, ist von der Festsetzung abzusehen.
In Ausnahmefällen kann es noch einen Zuschlag geben. Und zwar dann, wenn es sich entweder um einen Wiederholungsfall handelt und zu befürchten ist, dass das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ohne den Zuschlag nicht erfüllt wird. Gleiches gilt, wenn davon auszugehen ist, dass der Steuerpflichtige aufgrund seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit das qualifizierte Mitwirkungsverlangen nur mit einem Zuschlag erfüllen wird.
Der Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt für jeden vollen Kalendertag der Verzögerung höchstens 25.000 Euro, die maximale Dauer sind 150 Kalendertage.